#43 Das Maß ist voll

Posted on 29. August 2017 von


von Johannes Magel

EDITORIAL

Am 4. Mai 2017 ist unser Genosse Hans-Günter Szalkiewicz gestorben. Hans-Günter gehörte der Generation von Kommunisten an, die ihre ganze Kraft dem Aufbau der DDR widmeten. Nach dem Sieg der Konterrevolution kapitulierte er nicht. Er schloss sich der DKP an und hat dort einen ganz wesentlichen Anteil am Aufbau der Berliner Landesorganisation. Hans-Günter gehört zu den Mitbegründern von T&P und trug wesentlich zur Entwicklung des Profils der Zeitschrift bei. Wir bringen einen Nachruf für Hans-Günter von Renate Schönfeld.

Es ist Wahlkampfzeit in Deutschland. Auch die Deutsche Kommunistische Partei wird endlich wieder auf dem Wahlzettel stehen und den Wahlkampf dafür nutzen, antifaschistischen, antiimperialistischen und klassenkämpferischen Positionen Gehör zu verschaffen. Eine Minderheit in der Partei hält dies für keine gute Idee und ruft zur Stimmabgabe für die Linkspartei auf. Genosse Paul Rodermund nimmt dies zum Anlass, sich in seinem Beitrag einmal grundsätzlich mit der Rolle der Linkspartei im Klassenkampf auseinanderzusetzen. Sepp Aigner hingegen informiert uns über den 20. Parteitag der griechischen KKE. Die auf dem Parteitag verabschiedeten Thesen enthalten umfassende Einschätzungen zur Entwicklung des Imperialismus und zur Lage in Griechenland, die auch für die Diskussion der deutschen Linken interessant sein dürften.

Der Titel des Schwerpunkts dieser Ausgabe bezieht sich auf die fortwährende Richtungsauseinandersetzung in der DKP und kommt ein wenig salopp daher. Die Sache ist allerdings sehr ernst. Der Parteivorstand hat sich mit der Auflösung des Bezirks Südbayern und dem Parteitagsantrag auf Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft im „Netzwerk“ dazu entschlossen, im Kampf um die Souveränität der Partei in die Offensive zu gehen. Dieser Schritt war zwingend notwendig denn – darauf weist der Genosse Björn Schmidt in seinem Kommentar eindringlich hin –, es geht in der Auseinandersetzung um die grundsätzliche Organisationsform als Kommunistische Partei. Jörg Högemann belegt am Beispiel der Wahlteilnahme, wie die Aktivitäten der Gruppe um Leo Mayer und Walter Listl im Bezirk Südbayern die DKP behindern, wieder zu einer in der Öffentlichkeit präsenten und anerkannten linken Kraft zu werden.

Michael Beltz wirft schließlich noch einmal einen Blick zurück auf das Wirken der Gruppe um Leo Mayer, die sich jetzt als „Netzwerk“-Fraktion darstellt. Ausgehend von den Erfahrungen in Hessen und besonders in Gießen argumentiert er, dass die Stärkung der DKP hin zu einer kommunistischen Partei nur gelingen kann, wenn die Partei die unproduktive Dauerkontroverse beendet und sich von der Mayer-Gruppe trennt.

Bereits im Vorfeld des G20-Gipfels in Hamburg gab es in der deutschen Linken intensive Diskussionen über Sinn und Ziel der Proteste gegen den Gipfel. Wir freuen uns, hierzu einen Auszug aus einem Artikel von der website unseres Freundes und Mitstreiters Andreas Wehr bringen zu dürfen.Wir sehen in seinem Text einen wichtigen Beitrag in der Debatte um die antiimperialistische Strategie der deutschen Linken und Arbeiterbewegung.

Am Ende dieser Ausgabe drucken wir den Text von Friedrich Engels „Von der Autorität“ (1872/73) ab. Der Text mag eine Debatte anregen, in der es um die materialistische Begründung der Organisationsgrundsätze des sozialistischen Staats, aber auch einer revolutionären Partie, die auf der Höhe der Zeit sein will, geht. Neben der Zielstellung der Organisation bestimmt der Stand der Produktivkräfte die Formen und Regeln der Organisation. Wenn Engels von der „Autorität des Dampfs“ spricht, mögen wir Heutigen ein wenig über das 19. Jahrhundert lächeln, aber in der Richtigkeit des Gedanken ändert das nicht das Geringste: Die gesellschaftliche Kooperation Tausender und Hunderttausender und die sich daraus ergebenden Regeln lassen sich nicht willkürlich und frei erfinden; sie folgen mehr oder minder zwingend dem, was der Stand der Produktivkräfte gebietet oder zulässt.