Zum 23. Parteitag der DKP

Posted on 26. Februar 2020 von


Nachfolgend dokumentieren wir, teils in Auszügen, ausgewählte Beiträge aus der UZ-Diskussionstribüne zum Entwurf des Parteivorstands der DKP zum Leitantrag für den 23. Parteitag, der vom 28.02.-01.03. im Frankfurt/Main stattfindet. Die jeweiligen Überschriften stammen von uns.

 

Richtige Einschätzung Weltlage und der Kräfte des Widerstands

[…] Wir stimmen mit den entscheidenden Einschätzungen [des Leitantrags] überein: Vor allem der der gegenwärtigen Weltlage, die von den aggressiven Maßnahmen des Imperialismus mit den USA an der Spitze geprägt ist. Ebenfalls der Einschätzung der Politik Russlands, Chinas und verbündeter Länder als einer zunehmend wirksamen Gegenwehr gegen die Eindämmungsversuche des „Westens“ und seines weltweiten Hegemonieanspruchs. Die DKP Hannover fordert seit langem „Frieden mit Russland“ – in ihrer Kleinzeitung, dem Hannoverschen Volksblatt, auf Veranstaltungen und auf der Straße etwa beim Ostermarsch. Wir stimmen dem Leitantrag zu, wenn er konstatiert, dass Russland und China für eine friedliche Koexistenz, für die Respektierung des Völkerrechts und eine multipolare Weltordnung eintreten. Einer Strategie, die dem Hauptkriegstreiber, der US-geführten NATO und ihres treuen Mitglieds BRD zuwiderläuft, für die weltweite Friedensbewegung aber von größter Bedeutung ist, wenn es um eine Eindämmung des Imperialismus und den Kampf für eine Wende zu Frieden und Abrüstung geht […].

Als einen Schritt nach vorne sehen wir die detaillierte Charakterisierung der Kräfte des Widerstands im Leitantrag, die im Zusammenhang mit den Kampffeldern eine Diskussion für die nächsten Jahre eröffnet, an welchen „neuralgischen“ Punkten des Klassenkampfes ein Aufbrechen der Wut möglicherweise erfolgen wird. Als DKP Hannover halten wir die Verteuerung der Lebenshaltungskosten etwa bei Strom, Gas, Miete, öffentlicher und privater Mobilität für einen Punkt, der größte Aufmerksamkeit verdient, zum einen, weil wir meinen, dass hier ein zentraler Angriff auf die Lebenslage der Werktätigen läuft und zum anderen, weil hier die Chance einer aktiven Gegenbewegung „von unten“ gut stehen. Insgesamt sehen wir im Leitantrag mutmachende Ansätze für eine Stärkung der DKP.

DKP Hannover-Mitte

 

Hauptwidersprüche, Rolle der DDR-Bürger und Kampffelder richtig erfasst

Die Landesorganisation (LO) Brandenburg der DKP unterstützt grundsätzlich den Entwurf des Leitantrags des Parteivorstandes an den 23. Parteitag […]. Aus Sicht der LO Brandenburg zeichnet den vorliegenden Entwurf des Parteivorstandes unter anderem aus:

  1. Die Hauptwidersprüche des Imperialismus im Weltmaßstab heute und deren Ableitung insbesondere für die friedenspolitische Orientierung der DKP im Ringen um Frieden und Freundschaft mit der VR China und der Russischen Föderation werden richtig erfasst.

Hierzu gehört die Einschätzung im Entwurf, dass der US-Imperialismus einerseits die „die stärkste ökonomische, politische und militärische Macht des imperialistischen Weltsystems“ ist, aber andererseits darum kämpft, seinen drohenden Abstieg als „Hegemon einer unipolaren Weltordnung“ zu verhindern. Daraus ergibt sich folgerichtig die Bestimmung des „US-geführten Militärbündnisses NATO“, von dem in der momentanen Etappe die „Hauptkriegsgefahr“ im Weltmaßstab ausgeht. Der Entwurf des Parteivorstandes stellt dazu in einen prinzipiellen Widerspruch die VR China und die Russische Föderation, die gekennzeichnet werden als Kräfte, die den „Dominanzanspruch des Imperialismus ökonomisch, politisch und militärisch zunehmend in Frage“ stellen. Die sich daraus ableitenden Kampfbedingungen in Deutschland, wie die Einschätzung, dass die Propaganda unter anderem gegen Russland und China „sich immer weniger mit den Erfahrungen der Menschen in Einklang bringen“ lassen, entsprechen den Erfahrungen, die die LO Brandenburg in ihrem Landtagswahlkampf gesammelt hat. Insbesondere auf dem Gebiet der DDR spielt diese spezifische Friedensorientierung der DKP aufgrund der besonderen historischen Verbundenheit der Menschen mit der Sowjetunion eine besondere Rolle.

  1. Die Bestimmung der besonderen Rolle der Bürgerinnen und Bürger auf dem Gebiet der DDR in einem anzustrebenden antimonopolistischen Bündnis sind ein Fortschritt in der Strategieentwicklung der DKP.

Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der Entwurf konkret die spezifisch günstigen Bedingungen für eine besondere Rolle der ostdeutschen Bevölkerung benennt. Dazu zählt der Entwurf etwa „umfangreiche Kenntnisse der Marxismus-Leninismus“, „Erfahrungen beim Aufbau eines sozialistischen Staates auf deutschem Boden“ und dadurch das „Erleben einer Heimat, das geprägt ist durch antifaschistische und friedliche Entwicklung“. Dazu zählt auch „die größte Enteignung von Volkseigentum in der deutschen Nachkriegsgeschichte“ und eine Durchsetzung aller Ämter des öffentlichen Lebens durch westdeutsche Eliten im Kolonialstil.

Die LO Brandenburg stimmt der Einschätzung des Entwurfs zu, dass „dieser Erfahrungsschatz (…) auch Auswirkungen auf den Bewusstseinsstand der jungen Generation“ im Osten hat und dieser Bewusstseinsstand in Form einer Ablehnung des westdeutschen Imperialismus und seiner politischen Vollstrecker ständig reproduziert wird durch „Maßnahmen der westdeutschen Monopolbourgeoisie“.

  1. Dem Entwurf gelingt teilweise eine Konkretisierung der antimonopolistischen Strategie durch das Herausarbeiten von Kampffeldern im Klassenkampf, in denen der Monopolbourgeoisie tendenziell ein Hegemonieverlust droht.

Der Entwurf des Parteivorstandes formuliert als Anspruch an die „nächstliegenden Aufgaben der DKP, die Entwicklung proletarischen Bewusstseins zu fördern, den gemeinsamen Gegner in Gestalt des Monopolkapitals bewusst zu machen und für die Aktionseinheit der Arbeiterklasse und die Verbindung von Arbeiterbewegung und nichtmonopolistischen Bewegungen zu wirken“.

Wenn nicht umfassend, so doch punktuell, gelingt es im Entwurf, konkrete Kampffelder zu benennen, wo die günstigen Ausgangsbedingungen für antimonopolistische Abwehrkämpfe heute zu finden sind. Als diese Kampffelder schätzt der Entwurf zum Beispiel die „Schnittstellen zwischen der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit und der Kommunalpolitik, wie der Kampf um den Erhalt und Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge“ ein. Die Erfahrungen, die wir im Kampf gegen den anhaltenden Pflegenotstand in Brandenburgs Krankenhäusern und die Formierung von Widerstand unter den Beschäftigten im Schulterschluss mit den Bürgern bestätigt die Einschätzung des Entwurfs, dass „Kämpfe um die kommunale Daseinsvorsorge (…) ein Hebel für die Herausbildung antimonopolistischer Bündnisse“ sein können.

DKP Brandenburg

 

Aktuelle Herausforderungen der Monopoloffensive richtig benannt

Wir begrüßen, dass der PV-Leitantrag nicht nur die Notwendigkeit eines Festhaltens der Partei an der antimonopolistischen Strategie herausstreicht, sondern anhand einer Reihe konkreter Herausforderungen, die sich aus der Offensive der Monopolbourgeoisie gegen die Arbeiterklasse und die anderen nichtmonopolistischen Bevölkerungsteile ergeben, aufzeigt, welche Handlungsweisen, Bündnisoptionen usw. sich aus ihr ergeben (können). Im Bereich der aktuellen energiepolitischen Debatten ist es wichtig, im Sinne des Leitantrags die Unvereinbarkeit einer Umweltpolitik im Interesse der arbeitenden Bevölkerungsmehrheit mit den Interessen der herrschenden Klasse verstärkt einer möglichst breiten (auch gewerkschaftlichen) Öffentlichkeit zu vermitteln. Nur so kann den bis weit in die sich als marxistisch verstehende Linke hineinreichenden Neigungen, reaktionäre Steuererhöhungs- und Klimanotstandsforderungen als im Kern doch irgendwie fortschrittlich und unterstützungswürdig zu verorten, auf marxistisch-leninistischer Grundlage entgegengetreten werden.

Für nicht minder bedeutend halten wir die klare Parteinahme des Leitantrags auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen, konkret: die Solidarität mit den Völkern, deren Souveränität durch den Imperialismus mit Füßen getreten werden, anstelle einer verlogenen „Äquidistanz“. Zutreffend ist hier die Herausstellung des immensen Gewichts Russlands und des sozialistischen China in der Allianz der Staaten, die sich durch imperialistische Sanktionen und Kriegsdrohungen nicht einschüchtern lassen. Hinsichtlich der Volksrepublik China hat die kommunistische Partei unseres Landes künftig scharf akzentuiert herauszustellen, woran etwa die tägliche Berichterstattung eines Leitmediums der deutschen Monopolbourgeoisie wie der „FAZ“ überhaupt keinen Zweifel lässt: dass es bei der Strategie der „Eindämmung“ Chinas auch um Systemkonkurrenz geht, dass also jeder Schlag gegen den Staat, dessen Systemüberlegenheit mittlerweile als weithin unübersehbar erscheint, sich unmittelbar gegen unser Klasseninteresse richtet, das im Bewusstwerden der Besiegbarkeit des Imperialismus besteht.

DKP-Gruppenvorstand Rostock

 

Wichtige Akzente in Friedenspolitik und Antiimperialismus

Wir bewerten die Positionierung des Leitantragsentwurfes zum Themenkomplex Friedenspolitik/Antiimperialismus insgesamt als positiven Beitrag in die richtige Richtung. Die Akzente, die er setzt, sind richtig, vor allem, weil einige Marxisten die abstrakte Ansicht vertreten, im Kapitalismus/Imperialismus könne es (überhaupt) keinen Frieden geben – was faktisch auf eine Geringschätzung der Bedeutung des Friedenskampfes hinausläuft, auch wenn das möglicherweise nicht bewusst angestrebt wird. Natürlich gibt es eine Tendenz im Kapitalismus, insbesondere in seinem imperialistischen Stadium, ökonomische sowie geopolitische Widersprüche zu erzeugen, die die Gefahr von kriegerischen Auseinandersetzungen erhöhen. Jedoch sollte man das nicht abstrakt (losgelöst von konkreten Umständen) betrachten. Pauschal zu sagen: „Kapitalistische Staaten führen letztlich immer Krieg, egal, was man dagegen tut“, läuft auf ein defätistisches Einknicken vor dem Klassengegner hinaus.

Wir sollten aus den geschichtlichen Erfahrungen der Arbeiterbewegung und der sozialistischen Staaten lernen. Die Arbeiterbewegung mobilisierte vor dem Ersten Weltkrieg stets gegen jegliche kriegerischen Maßnahmen der kapitalistischen Staaten. Engels warnte Ende des 19. Jahrhunderts vor einem großen imperialistischen Krieg. Die Opposition der Arbeiterbewegung zu kriegerischen Mitteln erfolgte nicht nur aus taktischen Gründen, sondern auch, um zu versuchen, das imperialistische Gemetzel tatsächlich zu verhindern. Erst als das wegen des Verrats der sozialdemokratischen Führer nach Kriegsausbruch nicht mehr zu verwirklichen war, wurde aufgrund einer besonderen historischen Konstellation die Losung „den imperialistischen Krieg in einen Klassenkrieg verwandeln“ richtigerweise von den Bolschewiki erhoben. Es wäre aber falsch, diese Losung so zu verstehen, dass der Kapitalismus zwangsläufig in jedem Augenblick einen Krieg lostreten könnte, dass der Einsatz für den Frieden daher implizit irrelevant wäre und dass wir stattdessen auf die Verwandlung von imperialistischen Kriegen in Klassenkriege drängen sollten. Das würde darauf hinauslaufen, eine richtige Losung aus ihrem Kontext herauszuzerren und auf eine andere Situation anzuwenden, wodurch sie zu einer falschen Losung wird.

Die sozialistischen Staaten verfolgten immer eine konsequente Friedenspolitik. In den 20er und Anfang der 30er Jahre bemühte sich die Sowjetunion intensiv darum, von den kapitalistischen Staaten anerkannt zu werden und mit ihnen positive Beziehungen aufzubauen – und somit imperialistische Interventionen zu vermeiden. In den 30er Jahren bemühte sich die Sowjetunion darum, ein System der kollektiven Sicherheit gegen den aufstrebenden Faschismus in Deutschland zu etablieren und unternahm zahlreiche weitere Schritte, um den Frieden zu erhalten.

Die Sowjetunion ging in den 50er Jahren davon aus, dass man durchaus dem Imperialismus etwas entgegensetzen kann. Im Büchlein „Die Grundprinzipien der Außenpolitik der Sowjetunion“, das 1953 im Dietz-Verlag erschien, wird beschrieben, dass der Imperialismus angesichts einer konkreten Kriegsgefahr durch die Stärke des Sozialismus, durch die Stärke der Friedenskräfte gezwungen werden kann, von kriegerischen Mitteln abzusehen. Zudem wird die Bedeutung des Völkerrechts und der Souveränität im Kampf gegen den Imperialismus, für den Frieden, richtig dargelegt.

Das ist eine ganz andere Position als die, die Gorbatschow vertrat. Er war der Ansicht, dass der Imperialismus von sich heraus friedensfähig wäre – das war und bleibt falsch. Aber er kann in einer konkreten Konstellation aufgrund der Stärke seines äußeren und inneren Gegners gezwungen werden, von einer kriegerischen Auseinandersetzung abzusehen.

In dieser Hinsicht muss heute die Orientierung sein, einerseits gegen die Spaltung der Friedensbewegung einzutreten, diese zu stärken und antimilitaristische Agitation unter den Werktätigen zu betreiben, andererseits die internationalen Friedenskräfte zu stärken. Wir Kommunisten sind prinzipiell gegen Angriffskriege und für diplomatische Lösungen von Staatenkonflikten. Es gibt mittlerweile einen starken Pol in der Welt mit Russland und China an der Spitze, der die Dominanz des Imperialismus in Frage stellt und um den sich die subalternen Staaten langsam sammeln. Dieser Pol tritt für die Achtung des Völkerrechts ein, für die Achtung der staatlichen Souveränität – im Interesse des Friedens. Gerade deswegen ist der Ansatz richtig, die nationale Souveränität für eine konsequente Friedenspolitik auszunutzen. Der Text des Leitantrages setzt in dieser Frage aus unserer Sicht die richtigen Schwerpunkte.

DKP Tempelhof-Schöneberg