Kein Grund zur Panik

Posted on 27. Februar 2020 von


von Johannes Magel

Greta sagt: Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.

Die Überschrift dieses Vortrags lautet:

Kein Grund zur Panik [1]

Zum Beginn eine Bemerkung über den gesunden Menschenverstand.

Viele unter uns werden das folgende Zitat aus der Schrift  „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“ von Friedrich Engels kennen: Allein der gesunde Menschenverstand, ein so respektabler Geselle er auch in dem hausbacknen Gebiet seiner vier Wände ist, erlebt ganz wunderbare Abenteuer, sobald er sich in die weite Welt der Forschung wagt; und die metaphysische Anschauungsweise, auf so weiten, je nach der Natur des Gegenstands ausgedehnten Gebieten sie auch berechtigt und sogar notwendig ist, stößt doch jedesmal früher oder später auf eine Schranke, jenseits welcher sie einseitig, borniert, abstrakt wird und sich in unlösliche Widersprüche verirrt, weil sie über den einzelnen Dingen deren Zusammenhang, über ihrem Sein ihr Werden und Vergehn, über ihrer Ruhe ihre Bewegung vergißt, weil sie vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht [2]

Wir sind also gewarnt, insbesondere ist der Referent gewarnt! – Die sog. Klimadebatte ist über die deutsche Linke in diesem Jahr mit so verheerender Wucht hereingebrochen, dass es schwierig ist, einen klaren Kopf zu bewahren. Angesichts der behaupteten drohenden Menschheitskatastrophe, scheinen gesicherte Erkenntnisse des wissenschaftlichen Sozialismus wie weggeblasen.

Das Wissen über den Zusammenhang des Kampfes um Reformen und Perspektive der sozialistischen Revolution, die Kunst, den Tageskampf, anknüpfend an die unmittelbaren sozialen Interessen der Werktätigen, mit dem Kampf für ein revolutionäres Ziel zu verbinden – das alles ist Schnee von gestern, so scheint es.

Meiner Ansicht nach wird die Linke, zumindest die in Deutschland, einige Zeit brauchen, bis sie zu einer wissenschaftlich fundierten Kritik des Klimahypes in der Lage sein wird. Bis dahin werden wir uns, wohl oder übel, mit unserem gesunden Menschenverstand behelfen müssen. D.h. auch, dass wir mit dem Werkzeug arbeiten müssen, das wir kennen und beherrschen. Was wir darüberhinaus benötigen, werden wir uns aneignen, indem wir uns an dem Gegenstand unseres Interesses abarbeiten.

Im Kommunistischen Manifest findet sich im Kapitel II „Proletarier und Kommunisten“ der Satz: Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.[3] Was den ersten Halbsatz angeht, werden wir uns noch erheblich Mühe geben müssen, dort wieder hinzukommen. Was den zweiten Halbsatz angeht, wollen wir ein wenig selbstbewusster sein: Davon haben wir einiges verstanden und davon verstehen wir einiges, also kein Grund zur Panik.

Ich werde jetzt versuchen, mich dem Thema Schritt für Schritt zu nähern.

Is there a Man-Made Climate Change?

Für die Zwecke dieses Vortrags lasse ich es bei dieser Vorbemerkung: Wladimir Wladimirowitsch Putin gilt als gut informierter Politiker und hat sich insoweit selten blamiert [4]:

Zur Einigkeit der Ansätze und Einschätzungen. Hier wird es wahrscheinlich nie so eine Einigkeit geben. Schließlich geben Experten auf verschiedenen Gebieten, die auf die eine oder andere Weise versuchen, die Frage nach den Ursachen des Klimawandels zu beantworten, keine eindeutigen Antworten zur Ursachen des Klimawandels. Es gibt verschiedene Standpunkte, ich habe sie selbst gehört.

Es gibt diejenigen, die sagen, dass der Grund eine Art von globalen Veränderungen im Sonnensystem sind und dass die Erde periodisch davon betroffen ist und es dabei große Veränderungen gibt. Ich war selbst bei dem Fluss Lena, unserem Fluss im hohen Norden, da gibt es riesige, hohe Küsten mit Sedimenten, in denen deutlich tropische Säugetiere und tropische Meere zu sehen sind. Aber die Lena ist im hohen Norden. Es gab dort also mal ein solches Klima. Gab es damals von Menschen verursachte Emissionen? Nein, natürlich nicht. Verstehen Sie, es gibt keine eindeutige Antwort.

Dennoch ist meine Position, dass, wenn die Menschheit auch nur irgendeinen Einfluss auf den Klimawandel hat und diese Veränderungen schlimme Folgen haben, wenn es also etwas gibt, was wir tun können, um diesen Prozess zumindest zu verlangsamen und die negativen Folgen zu vermeiden, dann müssen wir das Maximum dafür tun. Das ist unsere Position. Trotz aller Widersprüche werden wir diesen Prozess in der Welt zur Bekämpfung des Klimawandels unterstützen.

So W. W. Putin im Oktober 2019 bei der Podiumsdiskussion des Valdai-Klubs.

Zugegebenermaßen verstecke ich mich hier ein wenig hinter W.W. Putins breitem Kreuz. Die Behauptung, dass wir es hier mit „setteled science“, also gesicherten Erkenntnissen, zu tun hätten, ist nicht so unumstritten, wie FFF und ähnlich alarmistische Bewegungen dies glauben machen wollen. Eine ernsthafte Aneignung der wissenschaftlichen Debatte über Ursachen des Klimawandels verlangt m. E. primär solide physikalische Kenntnisse, verbunden mit der aktuellen Theorie der Partiellen Diffentialgleichungen und den entsprechenden numerischen Methoden. Wer dieses Repertoire beherrscht und die Kernbestandteile des Marxismus-Leninismus verstanden hat, ist die Frau der Stunde! Evtl. könnten auch Männer dieser Aufgabe gewachsen sein.

Und wenn doch?

Winfried Wolf, einer der klugen Köpfe der deutschen Linken, schreibt in den Marxistischen Blättern Nr. 1-2019:

Die Klimakonferenz von Katovice vom Dezember 2018 machte es nochmals deutlicher: Wenn die Weltgesellschaft nicht drastisch umsteuert und die das Klima schädigenden Emissionen nicht radikal reduziert, dann wird es zu einer Erwärmung des Planenten von mehr als zwei Grad Celsius kommen – mit unabsehbaren Folgen für das menschliche Leben.

Auch dieser kluge Kopf, der es unterhalb der „Weltgesellschaft“ erst gar nicht tut, aber angesichts der Zeitnot zunächst auf die „Weltrevolution“ verzichtet, ist also dem Klimahype erlegen.

Nehmen wir das mit der drohenden Katastrophe und der „extinction“ für den Moment einmal für bare Münze, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten, dem Weltuntergang zu entgehen: a) radikale Beendigung der industriellen Produktionsweise [5], mit der Folge massiver Verelendung in den kapitalistischen Metropolen und erst recht an deren Peripherie; oder b) Beibehaltung der industriellen Produktionsweise bei Umstellung der energetischen Basis auf Kernenergie. Kernenergiegewinnung erzeugt bekanntlich kein CO2, gilt in Deutschland aber als unvertretbar gefährlich; gemessen am drohenden Weltuntergang immerhin das kleinere Übel? [6]

Greta spricht zu uns

Meine Botschaft ist, dass wir Euch beobachten! Das hier ist alles falsch, ich sollte hier nicht sein, ich sollte zurück in der Schule sein auf der anderen Seite des Ozeans – aber Ihr kommt immer noch zu uns jungen Menschen, um Euch Hoffnung zu geben!

Wie konntet Ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen mit Euren leeren Worten? Wir stehen am Anfang eines Massenaussterbens und alles, worüber Ihr reden könnt, ist Geld und die Märchen von einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum – wie könnt Ihr es wagen?

Wenn Ihr die Situation wirklich verstehen würdet und uns immer noch im Stich lassen würdet, dann wärt Ihr grausam und das weigere ich mich zu glauben. Wie könnt Ihr es wagen zu glauben, dass man das lösen kann, indem man so weiter macht wie bislang – und mit ein paar technischen Lösungsansätzen? Ihr seid immer noch nicht reif genug zu sagen, wie es wirklich ist.

Ihr lasst uns im Stich. Alle kommenden Generationen haben euch im Blick und wenn Ihr Euch dazu entscheidet, uns im Stich zu lassen, dann entscheide ich mich zu sagen: ‚Wir werden Euch das nie vergeben! Wir werden Euch das nicht durchgehen lassen!‘ [7]

Luisa Neubauer, das deutsche Gesicht von Fridays for Future (FFF), verteilt oft und gern das Etikett alter weißer Mann, wenn es darum geht, den Gegner auszumachen. Diese Redeweise setzt ganz bewusst darauf, die Gegenseite zu verhöhnen und moralisch zu diskreditieren. Besonders perfide ist es, wenn vielfältig privilegierte, junge Frauen aus der Mittelschicht sich hier in antirassistischer Pose als Opfer des weißen Mannes kostümieren.

In dem pseudolinken Lifestyle-Blatt taz fordert die Redakteurin Johanna Roth [8], den Alten das Wahlrecht zu entziehen. Voller moralischer Überhebung formuliert sie: Unschuldige vor einer in fundamentalen Fragen inkompetenten Wählerklientel zu schützen. Das ist genau der hate speech, die Sprache der Diskriminierung und der Denunziation, die ansonsten in diesem Milieu immer scheinheilig angeprangert wird, die hier als Mittel angewandt wird, um eine extrem anti-demokratische Positionierung der sog. Klimabewegung durchzusetzen.

Den jungen, weißen, karrierebewussten Frauen der Fridays for Future (FFF) Bewegung und der Grünen in Deutschland rufe ich an dieser Stelle mit Diether Dehm zu: Sie sollten gelegentlich mal alte weise Männer anhören, bevor sie ihren Mund aufmachen. Vom menschenverachtenden Jargon derer, die alten Säcken, Greisen, Rentnern, Gestrigen [9] das Wahlrecht entziehen wollen, bis zum sozialdarwinistischen Jargon, der das unsägliche Bild von den unnützen Essern hervorgebracht hat, ist es nicht weit. Am Schluss dieses Abschnitts halte ich als These fest:

Fridays for Future und ähnliche Bewegungen sind ein Mittel der Spaltung der Werktätigen. Sie dienen dazu, Teile der Werktätigen gegeneinander aufzuhetzen, sie unfähig zum Widerstand zu machen, die Widersprüche von arm und reich von oben und unten, kurz: die Klassenwidersprüche, zu verdecken.

Ich komme noch einmal auf diese These zurück.

Bill Clinton weiß Bescheid

It’s the economy, stupid!  ist eine Wahlkampfparole von Bill Clinton aus dem Jahr 1992 [19]. Bieder übersetzt: Es ist die Wirtschaft, Dummkopf! Wir übersetzen es hier einmal korrekt: Es geht um die Profitmacherei, ihr Idioten!

Unter dem Deckmantel des sog. Klimaschutzes findet gegenwärtig eine großangelegte Reorganisation des Finanzkapitals statt. Entscheidende Teile des Monopolkapitals suchen nach einer strategische Antwort auf die strukturelle Überakkumulation des Kapitals und die sich erneut anbahnende ökonomische Krise. Mit sog. grünen Anleihen,  durch Spekulation mit CO2-Emissionsrechten u.ä. sollen neue Anlage- und Verwertungsmöglichkeiten geschaffen werden. Das zum einen, zum anderen geht es um einen staatsmonopolistisch forcierten Umbau der wissenschaftlich-technische Basis der Produktion; hierher gehören etwa die Initiative „Industrie 4.0“ der Bundesregierung zur Digitalisierung der Wirtschaft und die Durchsetzung der sog. Elektromobilität. Die für diesen Umbauprozess erforderlichen enormen Mittel sollen über verschiedene Wege der staatsmonopolistischen Ausplünderung aus den Werktätigen und aus  anderen nichtmonopolistischen Schichten herausgepresst werden.

Hier sei die Einführung der CO2-Steuer als Musterbeispiel für den Angriff auf die elementaren Grundbedürfnisse der Menschen, wie Wohnen und Mobilität, genannt. Dazu gehört ebenso eine neue Runde des Arbeitsplatzabbaus und der Flexibilisierung der Arbeitszeit im Rahmen der digitalen Transformation, die nicht nur Produktionsarbeiter,  sondern auch mittel- und hochqualifizierte Angestellte treffen wird.

Diese These zu beweisen, d.h. ihre Stichhaltigkeit zu belegen, verlangt ernsthafte, wissenschaftliche Arbeit durch Ökonomen, die ihr Handwerk verstehen und und keine Angst vor der heulenden Meute der Verteidiger der Kapitalinteressen haben. Ich will hier zumindest einige Indizien beibringen.

  • Ungefähr ab 2013 beginnen westliche Konzerne sog. grüne Konzernanleihen oder Climate Bonds Dazu gehören Apple, SNCF und die französische Bank Credit Agricole, Tesla Energy u.a. Nach Angaben der sog. Climate Bonds Initiative sind derzeit grüne Anleihen von mehr als 500 Milliarden US-Dollar ausgegeben worden [11].
  • Der frühere britische Finanzminister Philip Hammond hat im Juli 2019 ein Weißbuch herausgegeben: „Grüne Finanzstrategie: Die Transformation der Finanzen hin zu einer Grünen Zukunft“. In dem Papier heißt es: „Eine der einflussreichsten Initiativen dabei ist die Private Task Force on Climate-Related Financial Disclosure (TCFD) des Financial Stability Board, unterstützt von Mark Carney und unter Vorsitz von Michael Bloomberg. Dies wurde von Institutionen empfohlen, die 118 Billionen US-Dollar an Vermögen weltweit repräsentieren.“[12] Dazu ein wenig who’s who. Die Task Force on Climate-Related Financial Disclosure(TCFD) ist eine Einrichtung des Financial Stabilty Board (FSB). Das FSB seinerseits ist eine Einrichtung der Bank for International Settlements, auf deutsch der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – d.h der Bank der Zentralbanken. Mark Carney war von 2011 bis 2018 Vorsitzender des FSB, seit 2008 Direktor der Bank of Canada und ist seit 1. Juli 2013 Gouverneur der Bank of England.
  • Die Wall Street-Bank Goldman Sachs, die unter anderem den scheidenden EZB-Präsidenten Mario Draghi und den eben genannten Mark Carney, hervorgebracht hat, stellte im Juli 2019 den ersten globalen Index der am höchsten rangierenden Umwelt-Aktien vor. Die Indizes haben so schöne Namen wie Euronext CDP Environment World EW für den Handel in Amerika, Kanada und Europa sowie Euronext CDP Environment Eurozone EW für den europäischen Raum. Diese Indizes konzentrieren sich auf Klimawandel, Wassersicherheit und Abholzung.[13] [14]
  • Im September 2019 haben 515 „institutionelle Investoren“ „die Politik“ aufgefordert, die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu verstärken. Im Einzelnen sprechen sie sich für einen globalen Kohleausstieg, die Einführung eines höheren CO2-Preises, die Abschaffung staatlicher Subventionen für fossile Energieträger und eine Verschärfung der nationalen Klimapläne aus. Nach eigener Darstellung verwalten diese „ Investoren“ ein Vermögen von 35 Billionen US-Dollar. Zu ihnen gehören die deutschen Unternehmen Allianz, DWS, Munich ReVenture Partners sowie Union Investment.[15]

Soviel zumindest als Illustration, dass wir vor einer großangelegte Reorganisation des Finanzkapitals stehen und es nicht nur mit einer widerwilligen, partiellen Anpassung zu tun haben

Nichts fällt vom Himmel, auch Greta nicht

Die Sache mit Greta ist nicht schwierig zu verstehen. Hier könnten wir uns getrost auf unseren gesunden Menschenverstand und unsere Klassenkampferfahrungen mit mehr oder minder hysterischen Kampagnen im Interesse der herrschenden Klasse verlassen – vom 17. Juni 1953 bis zu den sog. Farbrevolutionen. Es ist schlicht absurd, davon auszugehen, dass die auf Twitter geäußerten Angstvorstellungen einer überspannten 16jährigen Jugendlichen so mir nichts, dir nichts eine Bewegung von einigen hunderttausend Jugendlichen in den westlichen Metropolen vom Zaun brechen können.

Ich will mich dennoch mit zwei Aspekten des Phänomens befassen: Wie ist die Marke „Greta Thunberg“ bzw. „FFF“ entstanden? und Welche politische Funktion hat die FFF Bewegung? Dabei stütze ich mich ganz wesentlich auf die verdienstvolle Analyse von Cory Morningstar „The Manufacturing of Greta Thunberg – for Consent: The Political Economy of the Non-Profit Industrial Complex“[16].  Denjenigen, die es genauer wissen möchten, empfehle ich, den umfangreichen Text selbst zu lesen. Ich gebe hier lediglich einige Schlaglichter wieder.

  • Am 20. August 2018 wurde ein “tweet“ mit einem Foto von „einem schwedischen Mädchen“, das auf einem Bürgersteig sitzt, von Ingmar Rentzhog dem Chef des von ihm gegründeten Technologieunternehmens We Don’t Have Time veröffentlicht: Ein 15-jähriges Mädchen bestreikt ihre Schule vor dem schwedischen Parlament bis zum Wahltag in in 3 Wochen.[..] Stell dir vor, wie einsam sie sich hier fühlen muss. Leute die nur achtlos vorbeigingen, weitermachten mit dem Business as usual. Aber die Wahrheit ist. Das können wir nicht und sie weiß es!

In diesem „tweet“ wurde auf fünf Twitter Accounts Bezug genommen, u.a auf Al Gores Climate Reality Project.

  • Über Rentzhog kann man einiges wissen: Er ist Gründer von Laika, einem führenden schwedischen Kommunikationsberatungsunternehmen, das Dienstleistungen für die Finanzindustrie anbietet. Am 24. Mai 2018 wurde er zum Vorsitzenden des Think Tanks Global Utmaning (Global Challenge auf Englisch) ernannt. Rentzhog ist Mitglied von Al Gores Climate Reality Organization Leaders, wo er Teil der European Climate Policy Task Force Seine Ausbildung erhielt er im März 2017 beim ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore in Denver, USA, und im Juni 2018 erneut in Berlin.
  • In einem Werbevideo von We Don’t Have Time veröffentlicht am 6. April 2018 heißt es: Entscheidungsträger – Politiker, Unternehmen, Organisationen, Staaten – erhalten eine Klimabewertung, die auf ihrer Fähigkeit basiert, der Initiative der Nutzer gerecht zu werden. Wissen und Meinung versammeln sich an einem Ort und die Nutzer üben Druck auf die Entscheidungsträger aus, um einen schnelleren Wandel herbeizuführen.

            …

Die Haupteinnahmequellen kommen von kommerziellen Akteuren, die eine hohe Klimabewertung und das Vertrauen in die Mitgliederbasis von We Don’t Have Time erhalten haben.

 …

Das Einnahmemodell wird der sozialen Plattform des Geschäftsmodells von TripAdvisor.com ähneln, das mit seinen 390 Millionen Nutzern jährlich über 1 Milliarde Dollar an guter Rentabilität generiert…. Wir werden mit strategischen Partnern wie Climate Reality Leaders, Klimaorganisationen, Bloggern, Influencern und führenden Experten auf diesem Gebiet zusammenarbeiten.

Mit Stand vom Februar 2019, wo Morningstar ihre Analyse veröffentlicht hat, ist bekannt, dass das 2006 gegründete Climate Reality Project von Al Gore einer der Partner von We Don’t Have Time ist und dass die We Don’t Have Time Foundation zwei spezielle Jugendberater und Treuhänder (youth advisors and trustees) nennt: Greta Thunberg und Jamie Margolin, eine weitere jungendliche Klimaaktivistin.

Das soll an dieser Stelle genügen, um einen Einstieg in eine Analyse des Netzwerks zu geben, das hinter der Marke „Greta Thunberg“ bzw. „FFF“ steht.

Was deutsche Verhältnisse angeht, halte ich bezüglich Funktion und Charakter von FFF und verwandten Bewegungen als These fest: Diese Bewegungen sind eine Art Schaumkrone auf einer schon länger laufenden Woge, die in Deutschland ungefähr mit der Herausbildung der „Grünen“ Partei als Bestandteil des deutsche Parteiensystems einhergeht. Etwas weniger lyrisch: Dem Monopolkapital ist es gelungen, eine Art “Grüne” Massenbasis zu etablieren. Diese dient ihm zur autoritären Formierung der Gesellschaft für den Zweck der Durchsetzung elementarer, strategischer Interessen unter dem Deckmantel des sog. Klimaschutzes. Es hat damit die nichtmonopolistischen Schichten tief gespalten, indem es den Klima- bzw. Umweltschutz erfolgreich gegen die soziale Frage ausgespielt hat. Im einzelnen:

  • Es hat dazu für eine Art ideologische Umorientierung zumindest bei Teilen der nicht-monopolistischen Schichten gesorgt, damit diese bereit sind, den Gürtel enger zu schnallen – sei es aus der festen Überzeugung heraus, dass der sog. Klimaschutz eine Art höheren Wert darstellt, für den es sich zu leiden lohne oder sei es aus Angst vor einem baldigen Untergang der Erde im Zuge einer sich ausbreitenden, apokalyptischen Untergangsstimmung.
  • Diese Massenbasis dient dem Monopolkapital ferner als Alibi, auf das es sich bei der Umsetzung unpopulärer Maßnahmen, wie bei der Durchsetzung einer CO2-Steuer, berufen kann. So waren laut Allensbach-Institut zum Zeitpunkt des Beschlusses des Klimakabinetts immerhin fast 80% der Bevölkerung gegen die Einführung der CO2-Steuer. Im “Klima” der gesellschaftlichen Debatte hat sich diese deutliche Mehrheit allerdings nicht widergespiegelt; sie war stattdessen von der Alibi gebenden Massenbasis des Monopolkapitals dominiert.
  • Darüberhinaus dient diese Massenbasis dem Monopolkapital bei Bedarf als Antreiber, wenn es darauf angewiesen ist, politische Maßnahmen zu ergreifen, um etwaigen Widerstand gegen die sozialreaktionären Auswirkungen seiner Klimapolitik zu unterbinden oder offen zu bekämpfen. Hierzu gehört zum Beispiel die Forderung, dass Kommunal- und Landesparlamente oder die Bundesregierung den “Klimanotstand” ausrufen sollen, um ohne Rücksicht auf die Mechanismen der parlamentarischen Demokratie Maßnahmen “zur Rettung des Klimas” umzusetzen.
  • Weiterhin stellt diese Massenbasis auch die Grundlage für die Erzeugung eines Auffangpotentials dar, um antikapitalistischen Protest gegen die Umweltzerstörung durch die Banken und Konzerne umzulenken und systemkonforme, d.h. in für das Monopolkapital nützliche Bahnen abzuleiten – z.B. indem dieser Protest umfunktioniert wird für die Durchsetzung der CO2-Steuer.

Die Grüne Agenda 2010

Präziser müsste ich wohl Grüne Agenda 2020 sagen, aber ich belasse es bei Agenda 2010; der Name bürgt schließlich für Qualität.

Die Kernforderungen der deutschen Sektion von FFF sind einfach [17]: „Kohleausstieg“ bis 2030 und CO2-Steuer von 180 Euro je Tonne emittiertes CO2. Die Umsetzung dieses Programms durch die Bundesregierung ist bereits in vollem Gange und bedeutet im Kern die Erhebung eines Tributs von den Werktätigen und anderen nichtmonopolistischen Schichten. Dieser Tribut wird mit einem Bündel staatsmonopolistischer Zwangsmaßnahmen durchgesetzt.

Die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen des „Kohleausstiegs“ und der „Bepreisung“ von CO2-Emissionen sind einfach zu begreifen und bedeuten eine Steigerung der Energiekosten. Soweit diese Kosten im Rahmen der Warenproduktion anfallen, gehen sie schlicht in die Kalkulation ein und führen zu einer Verteuerung der Waren, an der der Staat per Mehrwertsteuer auch noch partizipiert. Diese Erhöhung der Energiekosten trifft den „Endverbraucher“ zusätzlich unmittelbar über höhere Preise für Strom und Kraftstoff. D.h. im großen und ganzen, Beheizung von Wohnraum und Autofahren wird drastisch teurer. Genau das ist ja auch gewollt.

Diese „Mechanik“ bzw. diesen „Wirkungszusammenhang“ präzise zu quantifizieren und im Detail zu untersuchen, um nachzuweisen, welcher Anschlag auf die Lebenslage der Werktätigen hier im Gange ist, wird noch einigen Ökonomenfleiß fordern. Ich diskutiere hier nur exemplarisch die Stromkosten.

So sieht es derzeit aus, also noch ohne die CO2-Steuer [18]:

Staatliche Strompreisanteile: Steuern, Abgaben, Umlagen 54 %

Netzentgelte                                                                          25 %

Strombeschaffung und Betrieb                                              21 %

Dabei ist der fetteste Brocken der staatlichen Strompreisanteile die EEG-Umlage, 2019 mit 6,405 Cent pro Kilowattstunde nebenher rund 32-mal so hoch wie zu ihrer Einführung im Jahr 2000.

Dank dieser Umlage ist die Ruinierung von Ackerflächen durch sog. Energiepflanzen, die Verspargelung der Landschaft durch Generatoranlagen und die Bepflasterung von Hausdächern, Industriehallen und Ackerflächen mit Photovoltaikanlagen profitabel. Über die Netzentgelte wird übrigens auch der Umbau der Leitungsnetze für Strom aus Offshore-Windenergieanlagen finanziert.

Wie gesagt, so sieht es jetzt schon aus, noch ohne die CO2-Steuer! Für einfältige Gemüter wird regierungsamtlich „überlegt“, nach Einführung der CO2-Steuer die EEG-Umlage evtl. zu senken. Wer’s glaubt … Das Beispiel zeigt, warum ich von einem staatsmonopolistischen Tribut spreche.

Das Wunschprogramm der Klimahyper ist damit noch lange nicht erledigt. Neben  „Atomausstieg“ und „Kohleausstieg“ sind hier zu nennen:

  • „Ende der Automobilgesellschaft“
  • Verbot der industriell basierten Landwirtschaft: Pflanzenschutz, Düngung, Tierhaltung
  • Verbot von privaten Flugreisen, des Massentourismus insgesamt
  • Verbot des Fleischverzehrs und andere „gesunde“ Restriktionen der Ernährung
  • Verbot der maritimen Transportindustrie
  • Ende der Zementerzeugung

Das Programm ist typisch für die deutschen „oberen Mittelschichten“, die seit dem 19. Jahrhundert ein verkitschtes Naturverständnis pflegen, bei denen es zum guten Ton gehört, wenn man von Naturwisschaften und Technik keine Ahnung hat. Insgesamt ist es Ausdruck einer reaktionären, technik- und fortschrittsfeindlichen Utopie. So wirklichkeitsfremd vieles davon erscheint, möchte ich doch festhalten, dass dies das Programm eines umfassenden Angriffs auf die Lebenslage der Werktätigen ist. Nebenher würde es dazu führen, dass die „schmutzigen“ Teile der Produktion noch mehr in die kapitalistische Peripherie verlagert würden. Die Teile des Kapitals, die unmittelbar am industriellen Profit hängen, werden sich womöglich gegen Teile dieser Agenda wehren. Allerdings ist hier nicht die Lebenslage der Werktätigen, sondern die Profitrate der Maßstab. Und wenn die genügend hoch ist, darf die Agenda gern auch „Grün“ sein.

Insofern bringt es Dagmar Henn polemisch, aber durchaus präzise, auf den Punkt: Das deutsche Bürgertum schaut, nicht das erste Mal, nach hinten; wünscht dem Pöbel das 18. Jahrhundert an den Hals, erwartet aber, selbst im 21. verbleiben zu dürfen. Das geht durchaus konform mit einer Oligarchie, die gern das Rad der Geschichte zurückdreht, weil inzwischen nicht nur politisch, sondern auch technisch der nächste Schritt der Menschheit nach vorn über sie hinweggehen wird, und deren Leidenschaft, Bildung, Gesundheit, Wasser und Luft zu Grundlagen des Profits zu machen, mit dem Versuch einher geht, den Kräften der Produktion Einhalt zu gebieten.[19]

Не впадайте в панику! Сохраняйте спокойствие и излучайте уверенность!
Don’t panic! – Keep calm and radiate confidence!

Ich schließe mit einer historischen Reminiszenz, die wir bitte als Metapher verstehen sollen.

Am 13. Dezember 1991 veröffentlichte die Zeit einen längeren Artikel von Karl-Heinz Janßen über die Schlacht vor Moskau vom Oktober bis zum Dezember 1941[20], bei der die deutsche Wehrmacht scheiterte. Dieser Text ist der historischen Wahrheit verpflichtet und noch nicht im Geist des heute gängigen Geschichtsrevisionismus geschrieben. Hier einige kurze Passagen:

Kaum hatte Radio Moskau gemeldet, die Lage an der Westfront habe sich verschlechtert, war kein Halten mehr in der Stadt. Eine Panik brach aus. Alle Bahnhöfe wurden gestürmt, alle Straßen nach Osten waren verstopft. Zehntausende, mit oder ohne Erlaubnis, flohen mit Autos oder zu Fuß vor den Deutschen. Direktoren ließen ihre Fabriken, Funktionäre ihre Ämter im Stich. Warenhäuser und leerstehende Wohnungen wurden vom Mob geplündert. Lagerhäuser verschenkten ihre Lebensmittelvorräte an die Bevölkerung.

Anderntags standen alle Betriebe in Moskau still, niemand arbeitete mehr. Während aus der Ferne das dumpfe Grollen der Geschütze zu hören war und jede Nacht deutsche Flugzeuge ihre Bomben über Moskau abwarfen, schwirrten Gerüchte durch die Stadt: Stalin sei gestürzt, der NKWD aufgelöst, die Regierung geflohen.

Doch nach längerem Nachdenken kam Stalin selber zu der einzig vernünftigen Erkenntnis: Wenn der Oberste Befehlshaber Moskau verließe, wäre das in den Augen der Verteidiger und der Bevölkerung Verrat; die Kampfmoral würde sinken, Moskau nicht mehr zu retten sein.

Über die Hauptstadt wurde der Belagerungszustand verhängt, mit nächtlicher Ausgangssperre. Panikmacher und Plünderer durften auf der Stelle erschossen werden. Allmählich kehrten wieder Ruhe und Zuversicht ein, um so mehr, als Schukow einen geordneten, durch tapfere Nachhuten abgedeckten Rückzug auf eine neue Verteidigungsstellung eingeleitet hatte.

Auch NKWD und Stadtverwaltung faßten wieder Mut: Sie strichen die Brotfabriken und Kühlhäuser von der Sprengliste.

Bitte sehen Sie mir diese pathetische Bezugnahme nach. Es ist mir sehr wohl geläufig, dass wir hier über einen Abschnitt im ideologischen Klassenkampf und nicht über den Krieg sprechen. Allerdings sollten wir auch die Dramatik der Situation nicht verkennen: Es geht um einen neuen strategischen Großangriff des Kapitals auf die Lebenslage von Millionen Werktätiger. Der ideologische Klassenkampf ist kein herrschaftsfreier akademischer Diskurs. Hier werden Kontrahenten gesellschaftlich geächtet, „fertiggemacht“, bis an den Rand des psychischen Zusammenbruchs getrieben und Berufskarrieren vernichtet. Also: Lassen wir uns nicht von den Panikmachern einschüchtern, bewahren wir einen klaren Kopf, gewinnen Ruhe und Zuversicht zurück, strengen uns an, den als „Klimakampf“ getarnten Angriff auf die Lebenslage der Werktätigen abzuwehren!

 

Quellen und Anmerkungen

 

[1] Überarbeitetes Manuskript eines Vortrags, der am 22. November 2019 im Marx-Engels-Zentrum in Berlin gehalten worden ist.

[2] Friedrich Engels: „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“ in MEW Bd. 19, S. 20; zitert nach http://www.mlwerke.de/me/me19/me19_202.htm

[3] Karl Marx/Friedrich Engels: „Manifest der Kommunistischen Partei“ in MEW Bd. 4, S. 474; zitert nach http://www.mlwerke.de/me/me04/me04_459.htm#Kap_II

[4] https://www.anti-spiegel.ru/2019/podiumsdiskussion-putin-und-andere-staatschefs-im-o-ton-ueber-klimawandel-und-umweltschutz/

[5] Wenn ich oben von industrieller Produktionsweise spreche, gebrauche ich den Begriff in einem engeren Sinn, nicht im Sinn von Gesellschaftsformationen, sondern als System der Produktivkräfte auf deren industrieller Entwicklungsstufe.

[6] Vgl. etwa: https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-der-atomausstieg-ist-ein-grosser-fehler-interview-a-1178009.html

[7] https://www.merkur.de/politik/greta-thunberg-emotionale-rede-beim-un-klimagipfel-im-wortlaut-und-mit-video-zr-13031691.html

[8] Vgl. Tobias Riegel, Die „taz“ gegen die Alten: Junge Menschen sind gleicher als die anderen; https://www.nachdenkseiten.de/?p=52265

[9] Vgl. Norbert Häring, Sollte man älteren Leuten das Wahlrecht entziehen?; http://norberthaering.de/de/2-uncategorised/646-boese-alte-briten-2

[10] https://www.diepresse.com/1308933/its-the-economy-stupid-ein-spruch-macht-geschichte

[11] William F. Engdahl, Das Klima und die Spur des Geldes; zitiert nach https://www.theblogcat.de/archiv/archiv-2019/september-2019/; original https://journal-neo.org/2019/09/25/climate-and-the-money-trail/

[12] Siehe [11]

[13] Siehe [11]

[14] https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/goldman-sachs-und-cdp-lancieren-nachhaltigkeits-indizes-16278262.html

[15] Handelsblatt 19. 09. 2019, https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/klimawandel-mehr-als-500-grossinvestoren-fordern-co2-preis-drastisch-zu-erhoehen/25028782.html?ticket=ST-71763552-cttYnaXvy9tmSI2fyKqa-ap2 ;

Spiegel  19. 09. 2019, https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/klima-515-finanzkonzerne-fordern-schaerferen-klimaschutz-a-1287462.html

[16] https://linkezeitung.de/2019/09/24/die-erzeugung-der-marke-greta-thunberg-zur-erzielung-von-zustimmung-die-politische-oekonomie-des-gemeinnuetzigen-industriekomplexes-kapitel-1teil-1/ englisches Original: http://www.theartofannihilation.com/the-manufacturing-of-greta-thunberg-for-consent-the-political-economy-of-the-non-profit-industrial-complex/

[17] https://fridaysforfuture.de/forderungen/

[18] https://www.vattenfall.de/infowelt-energie-strompreis

[19] https://kenfm.de/tagesdosis-14-11-2019-die-fossile-befreiung/

[20] https://www.zeit.de/1991/51/bis-chimki/seite-4